Simon Senn/Augustin Rebetez feat. Cowboy Noir, “Hyper Spiritism”

SIMON SENN

AUGUSTIN REBETEZ feat. Cowboy Noir

HYPER SPIRITISM

Anlässlich der Saisoneröffnung 2012/13 freut sich die Galerie Nicola von Senger, die Arbeiten der beiden jungen Schweizer Künstler Augustin Rebetez und Simon Senn in ihren Räumlichkeiten zu präsentieren. Beide aus der Romandie stammenden Künstler überzeugen durch ihre kraftvollen und energiegeladenen Bilder in Form von Video- und Fotoinstallationen.

Der aus dem Jura stammende Rebetez empfängt den Besucher im vorderen Teil der Galerie mit riesigen Wandinstallationen und lässt ihn eintauchen in eine mysteriöse Welt aus seltsamen Wesen und geheimnisvollen Szenerien.

Eine barbusige Frau, die wie einem Hexentanz gleich auf einem Gewehrkolben reitet, blickt wild und ausgelassen auf uns hinunter und hinterlässt mit ihrem schiessenden Besen eine Salve gefüllt mit archaisch gemalten Tiermotiven. Diese irritierende und gleichzeitig faszinierende Collage aus Fototapete und Wandzeichnung ist nur eine der zahlreichen Arbeiten, mit denen Rebetez uns in sein eigenes mystisches Universum entführt. Überhaupt fühlen wir uns wie in einer anderen Welt: fratzenschneidende, in grünes Licht getauchte Jungen gleichen Figuren aus einem Phantasy Film, ein glatzköpfiges Wesen mit stechend grünen Augen erinnert an einen Dämon aus der Unterwelt. Neugierig versuchen wir die verwirrenden Eindrücke zu ordnen und schwanken dabei zwischen einer gleichzeitig fröhlichen und ernsten Atmosphäre. Neben den an die Wand tapezierten und gerahmten Fotografien, die allesamt morbide Darstellungen von Menschen, Statuen und Innenräumen zeigen, läuft ′Maison’, ein Stop-Motion Video der Gruppe Cowboy Noir. Diese Zusammenarbeit des Künstlers und seiner Freunde ist nur eine von vielen minutiös gestalteten und humorvoll inszenierten Videoarbeiten der Künstlergruppe.

Rebetez Arbeit ist gekennzeichnet durch permanente Interaktionen, überraschend, improvisierend und doch existiert eine offensichtliche und durchdringende Harmonie. Mit seinen wilden Szenen aus den nachtschwarzen Wäldern des Jura und der einsamen norwegischen Schneelandschaft eröffnet der Künstler uns einen alternativen Blick auf die Dinge. Seine direkte ungeschminkte Bildsprache untergräbt unsere festgelegten Vorstellungen über Kunst und öffnet neuen Türen.

Augustin Rebetez wurde 2012 mit dem EWZ Fotopreis ausgezeichnet und erhielt im selben Jahr den Swiss Art Award. Das Musée de l’Elysee in Lausanne wählte seine Arbeit für ein Projekt mit dem Titel ′Regeneration 2′ aus, das eine internationale Wanderausstellung beinhaltet. Seine Arbeiten waren 2011 an der „Mois de la Photographie” in Montreal, der „Rencontres d’Arles” sowie im Aargauer Kunsthaus zu sehen.

Der in La Chaux-de-Fonds (CH) geborene Künstler Simon Senn beschäftigt sich in seinen Videoarbeiten mit menschlichen Verhaltensweisen und Interaktionsmustern. Im hinteren Raum der Galerie zeigt er drei Videoarbeiten, die deutlich machen, inwiefern die Präsenz des medialen Aufnahmegeräts das Verhalten der Protagonisten beeinflusst und teilweise radikalisiert.

Um eine Wechselwirkung zwischen den zwei Enden der visuellen Operation, des Künstlers und des Zuschauers, zu fördern, denkt sich Senn interaktive filmische Prozesse aus, die sich auf die anthropologische Studie des menschlichen Verhaltens stützen, das sich aus einer Gruppe von Leuten ergibt, die unter Druck gesetzt werden.

So zeigt ‚Just Let Go’ eine Gruppe von dunkel gekleideten, maskierten Jugendlichen, die schwarze Farbe an weisse Wände schmeissen und Buschwerk in Brand setzen. Das in Athen entstandene Video erinnert in seiner Szenerie und mit den maskierten Personen an mediale Bilder von gesellschaftlichen Demonstrationen und gewalttätigen Ausschreitungen der vergangenen Jahre. Teil der Installation sind die auf dem Boden des Ausstellungsraums verteilten Zettel, auf denen der Künstler den Grund für die Entstehung des Videos beschreibt und das Publikum auffordert, an einer neuen Erfahrung teilzunehmen.

Sowohl in dem gezeigten Video ‚Just Let Go’ als auch in ‚Meadowlands Zone 1’ ist die Forderung an die Protagonisten sich auf die intensivste Art und Weise auszudrücken mit dem Ziel starke, eindrückliche Bilder zu generieren. Bei ‚Sunday Afternoon’, in dem sich die Protagonisten gegenseitig durch die Linse der Kamera beobachten, handelt es sich trotz eines eher metaphorischen Aufbaus um das gleiche Thema.

Senns Analysen von Gruppendynamik und individuellem Verhalten finden meist in einem von ihm vorgegebenen Rahmen statt. Die Protagonisten befinden sich in bizarren, aussergewöhnlichen Situationen und folgen genauen Richtlinien. Das audiovisuelle Medium hält ihre Handlungen, Reaktionen und Interaktionen fest und fördert sie. Zusammen mit den gefilmten Personen nimmt es die eigentliche Hauptrolle ein und ist Kern der Arbeit.

Als Zuschauer ist man hin und hergerissen zwischen der Position des Betrachters, Forschers und Voyeurs. Mit seinen Arbeiten berührt der Künstler unweigerlich das Spannungsfeld des Verhältnisses von Ethik und Ästhetik.

Simon Senn studiert derzeit am Goldsmiths College in London. Seine Arbeiten sind im Herbst 2012 unter anderemin der Ausstellung New Contemporaries am Bloomberg Space, London, am Institute of Contemporary Art, London, der Liverpool Biennale und den Bieler Fototagen zu sehen. 2011 wurde der Künstler mit dem Swiss Art Award ausgezeichnet.

Judith Platte, August 2012


SIMON SENN

AUGUSTIN REBETEZ feat. Cowboy Noir

HYPER SPIRITISM

With the opening of the season 2012/13, Galerie Nicola von Senger is pleased to present the works of two young Swiss artists: Augustin Rebetez and Simon Senn. Both from the French-speaking part of Switzerland, they engage the viewer with powerful and dynamic images in the form of video and photo installations.

Augustin Rebetez, from Canton Jura, welcomes the visitor to the gallery with gigantic wall installations and invites one to dip into a world of strange beings and mysterious scenery. It is a fascinating collage of photo wallpaper, wall drawings and numerous photographic works; a naked lady rides a gun piston and glances wildly and playfully at us, leaving a salvo of archaic animal motifs in her wake; grimacing boys, emerging from an emerald light, resemble figures from a fantasy film; a bald being with piercing green eyes reminds one of an underworld demon. The viewer tries to order the bewildering impressions swaying between a strangely happy and deadly serious atmosphere.

Along with the framed and wallpapered photographic images, morbid representations of people, statues and interiors, runs ‘Maison’, a stop-motion video by the group Cowboy Noir. This cooperation of the artist and his friends is one of many meticulously formed and humorously staged video works of the artists group.

Rebetez’s work is defined by permanent interactions, unexpected improvisations and, throughout, an evident and piercing harmony. With wild scenes from the night-black woods of the Jura and lonesome, Norwegian, snow covered scenery the artist opens for us an alternate view of reality. His direct unvarnished pictorial language undermines our ideas about art and holds us in the artist’s own mystic universe.

This year Augustin Rebetez was distinguished with the EWZ Photo Prize and the Swiss Art Award. In 2011 his works were on display at Mois de la photographie in Montreal, Rencontres d’Arles and the Aargauer Kunsthaus among others. The Musée de l’Elysee in Lausanne chose his work for the project reGeneration 2 which included an international touring exhibition.


Simon Senn, born in La Chaux-de-Fonds, deals, in his video works, with human behaviour and patterns of interaction. At the back of the gallery he shows three pieces that reveal to what extent the presence of the media influences events and partially radicalizes the behaviour of filmed protagonists.

To promote this interaction between the two ends of the visual operation, the artist and the observer, Senn creates interactive cinematic processes that rest on the study of the behaviour of a group of people who are put under pressure. The video ‘Just Let Go’ features darkly dressed, hooded youngsters who throw black paint on white walls and set brushes on fire. They recall, for the viewer, the often masked and disguised figures in media images of social demonstrations and violent riots. The installation features papers distributed on the floor of the gallery in which the artist describes the origin of the video and asks the audience to take part in a new experience.

Both in the videos ‘Just Let Go’ and ‘Meadowlands zone 1’, also on display, the demand on the protagonists is to express themselves in the most intensive way with the aim to generate strong, impressive pictures. With the work ‘Sunday Afternoon’ the subjects of the video achieve this aim whilst also observing themselves as witnessed through the lens of the camera.

Simon Senn’s analyses of group dynamics and individual behaviour mostly take place in a context defined by the artist. The protagonists are in bizarre, extraordinary situations and follow precise guidelines while the audio-visual medium focuses on their actions and interactions and inevitably promotes them. Together with the people filmed, the video itself often takes the leading role and as an observer one is torn between the position of the viewer, the researcher and the voyeur. With his works the artist touches, without fail, the controversial area of tension in the relationship between ethics and aesthetics.

Simon Senn is currently studying at Goldsmiths College in London. In autumn 2012 his works will be shown among others in the exhibition New Contemporaries at Bloomberg Space, London, at The Institute of Contemporary Art, London, at Liverpool Biennial and at the Biel Festival of Photography. In 2011 the artist was awarded the Swiss Art Award.

Judith Platte/Gareth Malone, August 2012


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