Kummerbox 3000

Daniele Buetti
Kummerbox 3000

Die Geschichte des Vorhangs ist auch die Geschichte eines hintergründigen Verhältnisses zwischen Zeigen und Verbergen. Zu Hause schützt er vor fremden Blicken, auf der Bühne markiert er einen Auftakt, wenn er sich öffnet und eine Zäsur, wenn er sich wieder schliesst. Vorhänge sind verheissungsvoll.

Der in Zürich lebende und international renommierte Künstler Daniele Buetti (geb. 1956) zeigt zum Start der neuen Galerieräume von Ars Futura einmal mehr, wie gekonnt und verführerisch er Alltagskultur mit tiefgreifenden und metaphorisch aufgeladenen Inhalten verbindet. Mit etwas Abstand zu den Wänden – so dass man noch vorbeigehen kann – läuft an den vier Seiten des Galerieraums an einer Deckenschiene befestigt ein bis zum Boden reichender Vorhang entlang, der nur durch eine eingangsähnliche Öffnung unterbrochen ist: Mehrere blaue und violette Lametta-Bahnen sind hintereinander montiert, so dass trotz der Leichtigkeit der Lamettafransen ein körperhafter Eindruck entsteht. Der Vorhang wird von einem elektrischen Motor angetrieben und fährt in ruhiger Geschwindigkeit die ganze Zeit an der Schiene entlang.

Steht man im Innenraum, gibt die ausgesparte Stelle immer wieder den Blick auf die leeren Wände frei; steht man “aussen”, zieht eine dichte Lamettawand an einem vorbei, durch die man hin und wieder durch den Eingang hindurchgehen kann.

Die Installation “Kummerbox 3000” lässt sich von mindestens zwei Perspektiven aus lesen. Einerseits erscheint sie wie eine Art optionaler Kommentar auf die kommende Galeriearbeit im Sinne einer skizzierten Bühne für das zu Erwartende. Andererseits entwickelt Buetti mit plastisch grosszügiger Geste einen symbolhaften Raum, in dem ein direkter Zugang in die Gefühlswelt der BesucherInnen geschehen kann. Daniele Buetti wurde bis vor gar nicht so langer Zeit vor allem mit einem medienreflexiven Umgang mit Mode, Trashkultur oder Lifestyle betreffenden Themen in Verbindung gebracht. Seit seinen umfangreichen Einzelausstellungen im vergangenen Jahr im Kunstverein Freiburg und Helmhaus Zürich hat Buetti für seine Arbeit jedoch neue Standards gesetzt.

Daniele Buettis raumgreifende Arbeiten zeichnen sich u.a. darin aus, dass sie mit glamourösen und gleichzeitig auch immer wieder krude oder trashig anmutenden Oberflächen spielen und doch gleichzeitig äusserst feinsinnige Sehnsuchtsbilder schaffen. Buetti entführt die BetrachterInnen in Fantasieräume, die nicht selten melancholische Züge tragen. In diesen Vorstellungswelten erscheint ein suchendes Ich, das der schwierigen Frage nachgeht, wie sich eine innere und äussere Wirklichkeit verbinden lassen.

Text: Dorothea Strauss


Daniele Buetti
Kummerbox 3000


The history of the curtain is also that of the subliminal relationship between showing and concealing. At home, the curtain protects us from invading eyes, on stage it marks the beginning when it rises and a caesura when it then falls. Curtains promise much to come.

Internationally acclaimed artist Daniele Buetti (born in 1956, he now lives in Zurich) launches the opening of the new Ars Futura galleries by once again showing how skillfully and seductively he can combine everyday culture with profound and metaphorically charged content. At a slight distance from the walls, enabling you to walk along them, a curtain hangs on four sides of the gallery from a ceiling track and reaches to the floor – it is interrupted only by an entrance-like opening. Several blue and violet strips of tinsel are mounted behind one another such that despite the lightness of the fringes of the tinsel a corporeal feeling arises. The curtain is moved by an electric motor and continuously travels calmly at a dignified speed along the track. If you stand in the interior, the section that is left free in the curtain repeatedly offers a view of the barren walls, if you stand on the “outside”, a thick wall of tinsel goes past through which you can occasionally step, as if through an entrance.

The “Kummerbox 3000” installation can be read in at least two ways. On the one hand, it seems to be some sort of optional commentary on the forthcoming work of the gallery in the sense that it creates an outlined stage for what is coming next. On the other, Buetti has found a spacious sculptural gesture to generate a symbol-like space in which there is direct access to the emotional world of the visitors. Until not so long ago, Daniele Buetti was mainly associated with a media-steeped approach to topics relating to fashion, Trash culture or lifestyle. Since his wide-ranging solo shows last year at Kunstverein Freiburg and Helmhaus Zurich, Buetti has set new standards for his work.

Daniele Buetti’s expansive works stand out, among other things, for the fact that they make playful use of glamorous and yet always also seemingly crude or trashy surfaces, while at the same time engendering highly refined images of yearning. Buetti leads us off into spaces of the imagination that frequently exhibit melancholic traits. In these worlds of the imagination, a searching I appears, pursuing the difficult question of how inner and outer realities can be best combined.

Text: Dorothea Strauss



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