Bambi

Beni Bischof: Bambi

Es muss Ende der 1990er Jahre gewesen sein, als ich mit meiner Tochter Walt Disneys 1942 entstandenen Film Bambi wieder sah. Seit einigen Jahren war ich Galerist und mein Auge war ziemlich geschärft für Visuelles. Schon die ersten Sekunden elektrisierten mich: Das Rauschen des Blätterwaldes, die verschiedenen Grün-, Braun-, Rot und Gelbtöne, welche in voller Harmonie ineinander spielten. Die schneebedeckten Bäume in wiegenden Landschaften, die sich für die Geschichte sanft öffneten. Wow, so was Großartiges und Schönes, so liebevoll Gezeichnetes, das muss ein Künstler aufgreifen und verarbeiten.

Natürlich habe ich Bambi als Kind gesehen und viele Eindrücke durch den Film unbewusst ins Leben mitgenommen. Doch die künstlerische Schönheit habe ich erst als Erwachsener erkannt.

Der Tod von Bambis Mutter war die erschreckende Erkenntnis dass alles, auch das eigene Leben ein Ende haben wird. Das hat mich tief erschüttert. Der Lebenslauf eines jungen Rehkitzes, welcher mit seiner Geburt beginnt und mit der Geburt seines Nachwuchses endet, ist die Geschichte des ewigen Lebenskreises, wunderbar erzählt, liebevoll und meisterhaft gezeichnet. Bambi ist längst zum kulturübergreifenden Symbol geworden: Geburt, Leben, Tod, Wiedergeburt, der endlose Kreis des Lebens. Bambi wurde zum Synonym und moralischer Wegbereiter für das Gute und Reine im Menschen. Eine erstrebenswerte Vorbildfunktion für Generationen, unabhängig von Kultur und Religion.

Der Name, das Label Bambi wurde immer wieder zweckentfremdet: Der jährlich vergebene deutsche Medien- undFernsehpreis trägt den Namen Bambi. Als Pokal für die Leistungen erhält der Sieger ein goldeneres Rehkitz. Abertausende Kinderkrippen, Babyläden oder Hotels tragen den Namen Bambi.

In den 1970er Jahren wurde das Bild des unschuldigen Rehkitzes ziemlich ramponiert. Russ Meyer, der für grossbusige Sexplotation-Filme zur Kultfigur wurde,  war einer der ersten, der Bambi als Symbol des unschuldigen und guten Wesens als Projektionsfläche brauchte. Wenig später dann die Punk-Gruppe Sex Pistols, mit ihrem Manager Malcolm McLaren, der im Film “The Great Rock and Roll Swindle” subversiv die Frage stellte: “Who killed Bambi?” Jahrelang hatte ich ein Poster über meinem Bett hängen, mit einer barbusigen, stacheligen Punkerin vor einem erlegten Rehkitz, darüber stand in rotziger Schrift: “Who killed Bambi?“

Dass Beni Bischof sich für diese Ausstellung Bambi als Ausgangslage für seine Reflektion dieser ikonographischen Figur nimmt, lässt mein Herz um einen halben Takt schneller schlagen und ich freue mich sehr, meine Begeisterung mit Ihnen teilen zu können.

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